Technik für Blinde und Sehbehinderte: Diese Hilfsmittel erleichtern Blinden den Alltag

Von barrierefreien Apps über Blindenbrillen bis hin zu Smartwatch mit Blindenschrift - Die besten digitalen Helfer 2017

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Lisa

Völlige Dunkelheit? Keine Farben? Nur noch ein stecknadelkopfgroßes Blickfeld? Wie es ist, das Augenlicht zu verlieren, können sich die meisten Menschen nicht vorstellen. Für Tausende ist es Realität. Sie leben mit einer Sehbehinderung oder sind vollständig erblindet. Blindenstock und Hund sind dabei altbekannte Hilfsmittel. Doch es gibt noch weitere Helfer, die im Alltag eine große Erleichterung für Blinde und Menschen mit Sehbehinderung darstellen können. Von der Kamerabrille über die Smartwatch mit Blindenschrift bis hin zu barrierefreien Apps, die mehr Freiheit und Selbstständigkeit versprechen – wir stellen Ihnen die besten vor.

Mit Blindenbrillen lesen und Gesichter erkennen

Lesekameras, die Texte vergrößert auf Bildschirmen anzeigen sind eine große Erleichterung für blinde Menschen. Die OrCam geht einen Schritt weiter, denn hier ist eine Minikamera an einer Brille befestigt und mit einem kleinen Computer verbunden, der bequem in der Hosen- oder Handtasche verschwindet. Was der OrCam ins Blickfeld kommt, liest sie vor, wenn der Träger es möchte. Ganz diskret versteht sich. Mit der Kamera ist ein Lautsprecher verbunden, den nur der Träger hören kann. Straßenschilder, Speisekarten, Geldscheine oder auch eingespeicherte Gesichter erkennt die OrCam und gibt blinden und sehbehinderten Menschen ein Stück ihrer Unabhängigkeit zurück.

Ähnlich funktioniert auch Horus, ein tragbares Headset, das mit Kamera und Prozessor ausgestattet ist und spätestens 2018 auf den Markt kommen soll. Das Gerät liest Texte vor, erkennt Personen wieder und kann dem Nutzer sagen, welche Gegenstände er vor sich hat, auch aus unterschiedlichen Winkeln. Horus wird nach der Einführung in Englisch, Italienisch und Japanisch verfügbar sein.

Smartwatch mit Blindenschrift

Ab 2017 soll Dot auf den Markt kommen. Dabei ist der Name Programm. Denn die für Blinde konzipierte Smartwatch zeigt keine normalen Zahlen und Buchstaben an, sondern die Braille-Schrift. Dot soll alles können, was von einer herkömmlichen Smartwatch erwartet wird. Whatsapp-Nachrichten und SMS können genauso mit den Fingern gelesen werden, wie die Uhrzeit. Anrufe entgegenzunehmen oder auch abzulehnen ist übrigens auch kein Problem. Durch die offene API (engl. Kurzform für Pogrammierschnittstelle) wird außerdem jeder Entwickler eigene Apps für die Smartwatch schreiben können – ein großer Beitrag zur Inklusion. Kleiner Wermutstropfen dabei allerdings: Dot wird zunächst nur auf Englisch und Koreanisch erscheinen. Auf die deutsche Ausgabe müssen wir noch ein wenig warten.

Barrierefreie Apps für mehr Inklusion

Auch Smartphones sind optimale Helfer im Alltag. Apps wie Text Detective oder Prizmo scannen Texte, Visitenkarten, Speisekarten oder Packungsbeilagen und lesen diese mit Hilfe der Funktionen VoiceOver (iPhone) beziehungsweise TalkBack (Android) vor.

Dieser beiden Funktionen bedient sich auch die App MyTherapy. Mit ihrer Hilfe können blinde und sehbehinderte Menschen, die zum Beispiel mit Diabetes oder einer anderen chronischen Erkrankung leben, ihre Therapie besser in den Alltag integrieren. Die barrierefreie App (kostenlos für iOS und Android) erinnert an Medikamente oder Arzttermine und bietet ein integriertes Gesundheitstagebuch. Diese Funktionen sind Dank der barrierefreien Nutzungsmöglichkeit auch von Blinden leicht zu bedienen.

Neben dem Lesen, Kommunizieren oder dem Gesundheitsmanagement stehen Blinde oft auch bei Freizeitaktivitäten wie dem Gang ins Kino vor Hürden. Greta verspricht barrierefreies Kino. Die Macher der App arbeiten mit Filmverleihern zusammen, von deren Filmen Audiodeskriptionen erstellt werden. Auf der kostenfreien App können sich Nutzer einen Film aussuchen, die Audiodeskription herunterladen und sich im Kinosessel zurücklehnen. Denn nun hören sie nicht nur die Dialoge der Darsteller, sondern bekommen durch einen Kopfhörer von ihrem Smartphone, Tablet oder iPod auch noch die Handlung beschrieben.

Ein deutliches Zeichen für die Inklusion und Hilfsbereitschaft setzt auch die App Be My Eyes. Über Video-Live-Chat können Sehende, blinden Menschen ihre Augen leihen. Egal ob es darum geht, das Haltbarkeitsdatum der Milch oder ein Straßenschild zu lesen. Benötigt ein Blinder Hilfe, kann er das über die App mitteilen und warten, bis eine sehende Person die Anfrage beantwortet und ihm über eine Audio-Video-Verbindung erklärt, was er sehen kann. Die App hilft nicht nur blinden Menschen im Alltag, sondern schafft auch gegenseitiges Verständnis zwischen blinden und sehenden Menschen.

Vielversprechende mögliche Helfer für Sehbehinderte sind auch Virtual Reality Brillen, die direkt vor den Augen eine 3D-Welt erzeugen oder die echte Umgebung einblenden können. Für extrem kurzsichtige Menschen, die sich ohne Hilfsmittel nur schwer zurechtfinden, könnte das ein Durchbruch sein und ihnen Alltag und Arbeitsleben extrem erleichtern. In jedem Fall dürfen wir gespannt sein, welche Entwicklungen die Zukunft bringt.


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