Der Rheumafaktor – wichtig aber nicht unproblematisch

Wie der Rheumafaktor gemessen wird, was der Rheumafaktor bedeutet und worauf Sie achten sollten

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Lisa

Ein Wort, viele Bedeutungen: Rheuma. Wer an Rheuma denkt, dem kommt häufig die rheumatoide Arthritis in den Sinn, die am häufigsten auftretende chronische Gelenk­entzündung. Doch der Begriff Rheuma umfasst über 300 chronische Erkrankungen des Bewegungs­apparats. In einigen Fällen äußern sich die Krankheiten des rheumatoiden Formen­kreises in den vermeintlich klassischen Symptomen, sodass der Arzt schnell auf Rheuma schließen kann: Gelenkschmerzen und -steifheit, Rheumaknoten sowie geschwollene Gelenke. Andere Symptome sind weniger spezifisch. Müdigkeit, Gefühls­störungen, wie Taubheit, Kribbeln oder übermäßiges Schwitzen können Anzeichen von Rheuma sein. Gerade, weil es nicht „das“ Rheuma gibt, ist die Diagnose­stellung oft langwierig. Hier kommen nicht nur körperliche Untersuchungen ins Spiel, sondern auch Werte wie der Rheuma­faktor, die mit Hilfe einer Blutanalyse untersucht werden.

Was ist der Rheumafaktor?

Normalerweise bildet das Immunsystem Anti­körper gegen Krankheits­erreger. Der Rheumafaktor allerdings ist ein sogenannter Autoantikörper, also ein Antikörper, der sich gegen körpereigene Strukturen richtet – genauer gesagt gegen einen bestimmten Teil eines anderen Antikörpers. Bei diesem anderen Antikörper handelt es sich um das körpereigene Gamma­globulin, auch bekannt als Immun­globulin G (IgG): Ein Eiweiß, das vom Immun­system als Abwehrstoff gegen Krankheits­erreger gebildet wird. Auch der Rheumafaktor selbst gehört einer Klasse von Immun­globulinen an. Der wichtigste Rheumafaktor ist dabei der IgM-Rheumafaktor, also ein Antikörper der Immunglobulin-Gruppe M.

Wie wird der Rheumafaktor festgestellt und wie hoch darf er sein?

Besteht der Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung, wird der Rheumafaktor mit Hilfe einer einfachen Blut­untersuchung festgestellt. Zu welcher Tageszeit dieser immun­serologische Test durchgeführt wird und, ob vor oder nach dem Essen, ist nicht relevant. Untersucht wird meist, ob Rheuma­faktoren der Klassen M, A und G vorhanden sind und wie hoch deren Niveau im Blut ist. Es entstehen dann die sogenannten Immun­komplexe IgG-IgM, die Entzündungs­faktoren aktivieren. Bei Menschen mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung ist der Rheumafaktor oft erhöht.

Doch welche Werte gelten als normal? Dies hängt auch davon ab, welche Messmethode angewendet wird. Während es keine Untergrenze, also keinen zu niedrigen Wert gibt, liegt die Obergrenze für Männer und Frauen je nach Messmethode bei (link: https://www.internisten-im-netz.de/mediathek/blutbild-erklaerung/rheumafaktor.html text: 10 bzw. 20 IU/ml (International Units pro Milliliter rel:nofollow popup:yes). Je höher der Wert ist, umso wahrscheinlicher ist es auch, dass eine rheuma­tologische Erkrankung vorliegt und die Erkrankung schwer verläuft. Der Rheumafaktor kann unter anderem bei den folgenden rheumatischen Erkrankungen erhöht sein:

  • Rheumatoide Arthritis um 80 Prozent
  • Sjörgen Syndrom um 85 Prozent
  • Lupus erythematodes um 25Prozent

Das Problem mit dem Rheumafaktor

Auch wenn der Begriff „Rheumafaktor“ darauf hindeutet, dass es sich dabei um einen eindeutigen Indikator für eine rheumatische Erkrankung handelt, ist er allerdings nicht. Der Rheumafaktor ist nämlich nicht bei allen Menschen erhöht, die mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung leben. Ein negativer Rheumafaktor heißt im Umkehrschluss somit nicht, dass Erkrankungen des rheumatoiden Formen­kreises gänzlich ausgeschlossen werden können. Zusätzlich können sich auch andere Erkrankungen wie chronische Leber­erkrankungen, Lungen­erkrankungen, Sarkoidose, chronische Infektionen oder Erkrankungen des Muskel- oder Skelett­systems auf den Rheumafaktor auswirken. Sogar nach Impfungen oder Transfusionen kann sich der Rheumafaktor erhöhen. Circa 15 bis 25 Prozent von Menschen unter 70 Jahren mit Rheumafaktoren sind gesund.

Der Rheumafaktor ist also eines von mehreren Kriterien, um die Diagnose zu stellen. Ist der Rheumafaktor positiv, ist es wahrscheinlicher, dass eine entzündlich-rheumatische Erkrankung vorliegt. Doch der Wert muss nicht zwangsläufig auf Rheuma hindeuten – noch nicht einmal darauf, dass überhaupt eine Erkrankung vorliegt. Andererseits kann eine rheumatische Erkrankung auch bei negativem Rheumafaktor nicht ausgeschlossen werden. Eindeutig nachweisen kann der Wert die Erkrankung also nicht.

Weitere Diagnose­möglichkeiten

Neben dem Rheumafaktor wird das Blut auf weitere Werte wie das C-reaktive Protein (CRP) und die Blut­senkungs­geschwindigkeit untersucht. Liegen die entsprechenden Werte vor – unter Umständen gemeinsam mit einem erhöhten Rheumafaktor – kann die Diagnose deutlicher untermauert werden. Zusätzlich wird Ihr Arzt Sie ausführlich zu Ihren Symptomen befragen und auch umfangreiche körperliche Untersuchungen durchführen. Hierbei können beispielsweise bildgebende Verfahren wie Röntgen- oder Ultra­schall­untersuchungen, eine Kern­spin­tomographie oder eine Magnet-Resonanz-Tomographie eingesetzt werden, um Veränderungen am Bewegungs­apparat, speziell den Gelenken, festzustellen.

Ein positiver Rheumafaktor ist also noch kein Grund, in Panik zu geraten. Vielmehr sollten Sie sich genau mit Ihrem Arzt beraten, weitere Blutwerte untersuchen lassen und sich über Ihre Symptome mit ihm austauschen. So kann er schließlich eine sichere Diagnose stellen.


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