Ein gutes Ärzteteam bei Morbus Crohn: So findest du deine Crohnbusters

Ein Auszug aus dem Buch "Shitstorm im Darm - gut leben trotz Morbus Crohn"

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Michaela Schara

*Du liest einen Auszug aus dem Buch* "Shitstorm im Darm" *von Autorin und Illustratorin Michaela Schara, Anfang 2020 im humboldt Verlag erschienen und überall erhältlich, wo es Bücher gibt.*

In diesem Kapitel geht es um die notwendigen Untersuchungen, wie man die passenden Mediziner findet, welche Therapien es gibt, wo sie ansetzen und warum es wichtig ist, dass man sich mit diesen Dingen besser anfreundet – auch wenn sie einem tierisch auf den Geist gehen.

Sobald man die üblichen Hausmittel und alternativen Mittelchen durch hat, sobald sich die Erkenntnis manifestiert hat, dass „das“ nicht so einfach weggeht und man professionelle Hilfe braucht, stellt sich die Frage, an wen man sich wenden soll. Das Wichtigste bei der Auswahl deines Ärzteteams sind drei Punkte: Vertrauen, Empathie und Professionalität.

  1. Egal ob Hausarzt, Fachärztin oder Therapeut: Du brauchst jemandem, dem du vertraust und bei dem du dich in guten Händen fühlst.
  2. Nur nett alleine ist zu wenig. Es braucht ein gutes Maß an Empathie und Gefühl, die zwischenmenschliche Chemie muss stimmen.
  3. Schlussendlich soll der Arzt mit dem medizinischen Wissensstand, was Diagnosen, Besonderheiten und moderne Therapien für CED betrifft, vertraut sein und wissen, was speziell jetzt bei dir angeraten ist.

Mir waren zudem noch zwei Punkte wichtig, die diese drei Kriterien verbinden: dass der Mensch, der mir gegenübersitzt, mit mir auf Augenhöhe spricht und fähig ist zuzugeben, wenn er oder sie etwas nicht weiß und mir dann sagen kann, an wen man ich mich wenden kann, um Hilfe zu finden.

Crohnbusters Illustration
Quelle: Michaela Schara, "Shitstorm im Darm"

Klassisch führt die Erkenntnis, dass man medizinische Hilfe braucht, zuerst zum Hausarzt oder in eine Krankenhausambulanz. Beides sind gute Anlaufstellen, und im besten Fall stehst du damit am Beginn von dem, was man als Diagnosestraße bezeichnet.

Der Hausarzt

Er oder sie ist für viele die erste Anlaufstelle, sowohl was den ersten Kontakt mit Medizinern überhaupt betrifft als auch wenn es darum geht, sich Rat zu holen, wenn man gesundheitliche Hilfe braucht.

Im Idealfall hat sich im Lauf des Lebens eine gute Arzt-Patienten Beziehung aufgebaut. Der Doktor kennt einen vielleicht schon seit Kindesbeinen und man kennt ihn. Wenn du aber das Gefühl hast, dass dein Hausarzt okay, aber in speziellen Fällen überfordert ist oder die empathische Schiene nicht passt, dann such dir einen anderen. Das gilt übrigens auch für alle anderen Medizinerinnen und Therapeuten. Nur weil man vom Zufall zusammengewürfelt wurde, muss man sich das Leben nicht auf Dauer schwermachen.

Hausärzte werden auch als Allgemeinmediziner bezeichnet. Das klingt, als würden sie sich nur mit oberflächlicher Medizin beschäftigen. In Wahrheit geht es aber darum, dass sie einen Überblick über das weite Feld an medizinischen Fachgebieten haben und erkennen sollten, wann sie dich zur nächsten Station, zu einem Facharzt oder ins Krankenhaus weiterleiten. In weiterer Folge kann es dann sein, dass du Blutkontrollen und Infusionen bei deinem Hausarzt machst. Das ist nicht immer möglich, aber wenn, dann ist das aus meiner Sicht ein Riesenvorteil. Auch daher ist wichtig, dass dein Hausarzt mehr als nur etwas Ahnung von CED und damit verbundenen Therapien und Komplikationen hat.

Der Gastroenterologe – der Internist für den Bauch

Es gibt Internisten, die auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen spezialisiert sind (Kardiologen), auf Stoffwechselerkrankungen (Endokrinologen/Diabetologen), das Knochengerüst und Bindegewebe (Rheumatologen) und viele mehr. Ein Gastroenterologe ist ein internistischer Facharzt, der sich auf den Bereich der Verdauungsorgane spezialisiert hat. Hier ist man richtig, wenn man Bauchprobleme hat.

Da der Crohn so speziell und individuell ist, braucht man in der Regel mehr Zeit für Arzt-Patienten-Gespräche. Gute Gastroenterologen wissen das und nehmen sich Zeit. Mir war in diesem Zusammenhang besonders wichtig, dass ich ernst genommen werde. Auch das klingt nach einer Selbstverständlichkeit, aber glaub mir: Im medizinischen Alltag ist selten viel Zeit für ein ausführliches Kennenlernen und Eingehen auf das, was man schnell als „Befindlichkeit“ abstempelt. Meine Bauch-Ärztinnen und -Ärzte hatten alle das gewisse Gespür, aus meinen Worten herauszuhören, wenn es sich um etwas Ernsteres handelte, selbst wenn ich es selbst gern abtun wollte.

Darm-Ambulanz – CED‑Ambulanz

Eine oft genutzte Alternative zum niedergelassenen Gastroenterologen ist der Besuch einer Darm-Ambulanz, die man auch unter dem Begriff CED-Ambulanz findet. Welche Krankenhäuser so eine Ambulanz haben, kannst du googeln. Auch hier gilt: Falls du mit dem Krankenhaus in deiner Nähe nicht glücklich bist, wechsle in ein anderes. Es lohnt, einen Umweg auf sich zu nehmen, um eine Behandlung zu erfahren, bei der man sowohl medizinisch als auch menschlich gut betreut wird.

Der Vorteil einer Ambulanz: Man hat die Möglichkeit, meist gleich alle Untersuchungen dort bzw. im angeschlossenen Krankenhaus machen zu lassen. Zudem gibt es dort mehrere Fachärzte, die sich bei komplexeren Fällen bereichsübergreifend beraten können, wenn dein Crohn noch in anderen Körperregionen für Unfug sorgt. Was umgekehrt aber nicht bedeutet, dass man in einem kleineren Spital nicht auch supergut ausgebildete Ärzte und Ärztinnen findet, die auf dem letzten Stand der Forschung sind und proaktiv an ihrer Weiterbildung arbeiten.

"Ist der Arzt engagiert, wird er sich dennoch die Zeit nehmen, allerdings auf Kosten der anderen Patienten, was wiederum zu längeren Wartezeiten führt."

Der Nachteil einer Ambulanz: Man kommt nicht immer zum gleichen Arzt, besonders wenn es ein großes Krankenhaus ist wie z.B. eine Uni-Klinik. Auch sind die Gesprächszeiten begrenzt: Üblicherweise stehen einem Arzt im Klinikbetrieb nur ein paar Minuten Zeit pro Patient zur Verfügung. Diese als Drei-Minuten-Talks bezeichneten Momente reichen schon für einen einfachen Crohn kaum aus. Ist der Arzt engagiert, wird er sich dennoch die Zeit nehmen, allerdings auf Kosten der anderen Patienten, was wiederum zu längeren Wartezeiten führt. Ein weiterer Nachteil der Ambulanz: Es herrscht immer Hektik, die für Außenstehende auch mit Chaos verbunden ist, und man wartet deutlich länger. Da kann ein Besuch schnell mehrere Stunden dauern.

Ich kenne beide Versionen: niedergelassene Fachärzte und Ambulanzbesuche. Beides hat Vorteile, die für mich in bestimmten Situationen eine ideale Lösung ergeben haben. Am besten ist für mich die Kombination aus beidem: eine Fachärztin oder -arzt mit eigener Praxis, die auch im Krankenhaus oder der CED-Ambulanz aktiv sind.


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Der Proktologe – der Chirurg für den Darm

Ein Chirurg, der sich auf den untersten Bereich der Verdauungsorgane, also den Mastdarm und den Analkanal, spezialisiert hat, ist ein Proktologe. Der Proktologe ist somit körpertechnisch für den Ort zuständig, wo die Sonne niemals scheint.

Chirurgen, die auf CED spezialisiert sind, haben neben dem proktologischen Bereich auch den Rest des Darms im Visier und kennen sich mit Crohn und Colitis ulcerosa gut aus. Sie stehen leider im Verdacht, schnell mit dem Skalpell zu antworten und eine eher deftigere, um nicht zu sagen schnippische Sicht der Dinge zu haben.

Ich hatte bisher sechs crohnbedingte Operationen. Jede war notwendig. Vier waren klein und akut, eine groß und auf lange Sicht gesehen lebensrettend, und eine war anders geplant, aber schlussendlich genauso wichtig wie alle anderen. Bei jeder OP war der Eingriff so minimalinvasiv wie möglich. Selbst bei der großen OP, einer Hemikolektomie, entfernte die Chirurgin nur das Notwendigste, und die Narbe am Bauch ist trotz der großen Operation sehr klein.

Meine Erfahrung mit Chirurgen ist in Summe eine positive. Was sich aus meiner Sicht durchzieht, ist ein erdiger, spezieller Humor, gepaart mit der Fähigkeit, auch weniger nette Diagnosen auf den Boden der Tatsachen zu holen und Positives aufzuzeigen. Sehr empfehlenswert ist, wenn Gastroenterologie und Chirurgie zusammenarbeiten und deine betreuenden Ärzte und Ärztinnen im gleichen Krankenhaus tätig sind. Damit haben sie die Möglichkeit, Behandlung und Therapie für dich optimal abzustimmen.

Andere Facharztrichtungen und Therapeuten

Meist sind Hausarzt, Gastroenterologe und Chirurgin für den Crohn und seine Symptome ausreichend. Wenn dein Crohn Nebenbaustellen eröffnet, die nichts mit dem Darm zu tun haben, brauchst du Spezialisten aus anderen Fachgebieten, die gut über den Crohn Bescheid wissen sollten.

Auch ohne Probleme außerhalb des Darms ist es wichtig, dass du regelmäßig zu Kontrollen in Bereichen gehst, die gastroenterologisch nicht abdeckt sind.

Augen, Haut und Zähne

Such dir für jeden dieser Bereiche gute Ärzte und Ärztinnen für regelmäßigen Kontrollen und den Fall, dass sich hier eine crohnverursachte Nebensache entwickelt, für die du schnell einen Termin brauchst oder wenn es im Verlauf der Therapie zu Nebenwirkungen an diesen Stellen kommt. Im Falle einer Immunsuppressionstherapie sind vor allem regelmäßige hautärztliche Kontrollen angeraten, um Muttermale und Hautveränderungen zu kontrollieren.

Physiotherapie

Die brauchst du, um nach einem Schub oder einer Operation wieder fit zu werden, um die verloren gegangenen Muskeln wieder aufzubauen und um während einer Remission durch gezielte Bewegung

für eine fittere Grundhaltung zu sorgen.

Diät- und Ernährungsberatung

Hier kannst du dir Unterstützung holen, um im Schub eine Diät zu finden, die das Drama nicht verschlimmert, und um nach einem Schub bekömmliche Kalorien zuzuführen, die für neue Kraft, gute Darmbakterien und fröhliches Leben sorgen. Zu diesem Thema geht es im Kapitel „Ernährungsstatus“ ausführlicher weiter.

Apotheke

Meiner Meinung nach braucht man auch eine gute Apotheke in seinem Crohnbusters-Team, wo man sich fachlich gut beraten lassen kann, was Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel und alternative bzw. komplementäre Unterstützung betrifft.

Auch was diverse Wohlfühlmittel betrifft, von sanften Schlaftropfen über Kräutertees bis hin zu Wärmepads, habe ich immer gute Tipps bekommen und konnte vor allem Fragen zu diversen Medikamenten stellen, für die ich im Arztgespräch keine Zeit hatte oder nicht den richtigen Ansprechpartner vorfand.

Psychotherapie, Lebens- und Sozialberatung

Eine chronische Erkrankung ist auch eine psychische Herausforderung. Je massiver die Erkrankung, desto mehr leidet das normale Dasein. Das ist der Punkt, wo man schnell am Verzweifeln ist. Sich rechtzeitig um psychotherapeutische Unterstützung umzusehen, ist keine Schwäche, sondern ein zielgerichteter Hilferuf, um ein Absacken in eine Depression aufzufangen. Mit einer Psychotherapie oder in einer Lebens- und Sozialberatung kannst du auch die Probleme besprechen, die du nicht so gern mit Partnern oder Freunden beredest.

Dies ist ein Bereich, der auch für Angehörige und Freunde zu einer Anlaufstelle werden kann. Wenn man bei den Arztgesprächen dabei ist, dreht es sich immer um den Kranken – logischerweise. Doch die psychische Belastung ist auch für Angehörige und Freunde enorm und kann zu einem Thema werden. Hier tut es gut, wenn man sich bei jemandem aussprechen kann, mit einer außenstehenden Person zusammen reflektiert und sich Unterstützung holt.


Hat dir dieser Auszug gefallen?

"Shitstorm im Darm" von Michaela Schara ist ein locker geschriebener Ratgeber, mit den wichtigsten medizinischen Fakten, hilfreichen Informationen und zahlreichen Tipps zum Leben mit Morbus Crohn. Woran krankt es und wo crohnt es? Welche crohnischen Komplikationen kommen auf einen zu? Und wie wird man Experte in eigener Sache, um gut für sich selbst sorgen zu können? Michaela Schara spricht locker und humorvoll über Themen wie Appetitmangel und Gewichtsverlust, medizinische Untersuchungen, Medikamente, Nebenwirkungen oder leidigen Behördenkram. Mit ihren Informationen möchte sie nicht nur alle unterstützen, die an Morbus Crohn leiden, sondern auch Angehörige, Freunde und alle, die den Crohnies helfend zur Seite stehen.

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