Hanf ist eine vielseitig einsetzbare Nutzpflanze: Aus ihr werden Kleider, Gewürz und letztlich auch Arzneimittel gewonnen. Hilft Cannabis bei MS? – Lesen Sie hier nach, wie Cannabis die Symptome Multipler Sklerose therapiert – und das funktioniert gleich auf mehrere Arten.
Cannabis bei MS: eine symptomatische Therapie
Bei der Multiplen Sklerose äußert sich das Krankheitsbild durch Entzündungen an den Nervenbahnen. Autoimmunreaktionen sorgen dafür, dass der Körper die eigene Schutzschicht der Nerven angreift, wodurch diese Entzündungsherde entstehen. Das sorgt für eine Vielzahl von Symptomen – daher spricht man von der MS auch als „Erkrankung mit tausend Gesichtern“.
Cannabis behandelt nicht die Auslöser der Krankheit (es kann sie nicht modifizieren), sondern die Symptome: Es ist ein symptomatisches Therapiemittel.
Beachten Sie: Cannabis wird nicht jedem MS-Patienten verschrieben. Tatsächlich kommt es nur bei gut begründeten einzelnen Fällen zum Einsatz.
Welche Wirkung hat Cannabis also auf die MS?
Die Hanfpflanze enthält mehrere unterschiedliche Wirkstoffe – man bezeichnet sie als „Cannabinoide“. Am bekanntesten ist das Cannabinoid THC (Tetrahydrocannabinol), das auch in Marihuana enthalten ist. Sie alle wirken schmerzlindernd und entspannend. Daher kommt die Cannabistherapie in der Regel nur bei Schmerzen infrage, die durch die Multiple Sklerose verursacht werden: Beispielsweise durch einen erhöhten Muskeltonus bei Spastiken wirken Arzneien auf der Basis von Cannabis lindernd. Das erhöht die Lebensqualität.
Die Inhaltsstoffe der Hanfpflanze und wie man sie nutzt
Hanf enthält mehr als 500 Inhaltsstoffe: Die erwähnten Cannabinoide, Proteine, Aminosäuren, Zucker, Alkohole, Farbstoffe sowie Vitamine und ätherische Öle, die für das Aroma verantwortlich sind.
Es existieren verschiedene Sorten. Beliebt sind die Cannabis Sativa und Cannabis Indica, die sich jeweils in der Zusammensetzung ihrer Inhaltsstoffe unterscheiden. Das bereits genannte THC sowie der Inhaltsstoff CBD (Cannabidiol) finden pharmakologischen Nutzen.
- THC: muskelentspannend, appetitanregend, schmerzlindernd, beruhigend, erweitert Bronchien
- CBD: entzündungshemmend, schmerzlindernd, antidepressive Wirkung
Damit THC und CBD wirken können, muss ihre chemische Struktur durch Erhitzen verändert werden.
In welcher Form ist medizinisches Cannabis für MS erhältlich?
Medizinisches Cannabis bekommen Sie nicht rezeptfrei in der Apotheke. Hat es einen THC-Gehalt über 0,2% (Richtwert der Europäischen Union), ist es nicht frei erhältlich. Das Arzneimittel wird bei Bedarf durch eine Anordnung Ihres Arztes oder Ihrer Ärztin speziell hergestellt – der Anbau zu medizinischen Zwecken wird in Deutschland staatlich geregelt.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags sind auf dem deutschen Markt diese drei medizinischen Cannabisprodukte erhältlich:
- Sativex (Handelsname): Mundspray
- Dronabinol: Öl-Tropfen zur oralen Einnahme
- Nabilon: (Handelsname Canemes) Kapsel zur oralen Einnahme
Außerdem gibt es die Möglichkeit, auf Rezept Ihres Arztes oder Ihrer Ärztin, Cannabisblüten zu erhalten.
Die Weitergabe von Cannabis wird in Deutschland nach dem Betäubungsmittelgesetz als Straftat mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet – diese kann sich erhöhen, wenn Minderjährige eingebunden sind.
Wie wirkt Cannabis im menschlichen Körper?
Der menschliche Körper besitzt Zellen, die Cannabinoid-Rezeptoren haben – sozusagen mögliche Andockstellen für die Inhaltsstoffe der Cannabispflanze. Dockt ein Wirkstoff dort an, greift er in den Informationsfluss zwischen den Nervenzellen und dem zentralen Nervensystem ein.
Diese Rezeptoren befinden sich überwiegend in den Hirnregionen, die das Denken, die Koordination, Emotionen und Appetit oder das Gedächtnis beeinflussen.
Bei Multipler Sklerose kann es zu erhöhter Ausschüttung von Botenstoffen wie Gaba kommen, was durch die Einnahme von Endocannabinoiden gebremst wird: die Hemmung der Gaba-Auschüttung kann die Spastik lindern.
Begründete Vorsicht bei der Anwendung von medizinischem Cannabis: Nebenwirkungen
Bei einer kontrollierten medizinischen Behandlung von MS mit Cannabis ist das Suchtpotenzial extrem gering. Dennoch gilt es vier Dinge bei der Einnahme zu beachten:
- Die Arznei hat Auswirkungen auf Ihre Reaktionsfähigkeit: Ihre Fahrtauglichkeit wird eingeschränkt sein. Es gilt ein Fahrverbot unter der Wirkung von Cannabinoiden. Auch nachdem die Wirkung verflogen ist, können Spuren des Cannabis-Konsums noch immer in Ihrem Körper nachweisbar sein. Sollte ein von der Polizei durchgeführter Bluttest bei Ihnen positiv ausfallen, stellen Sie sicher, dass Sie eine Bestätigung Ihres Arztes dabeihaben
- Das Einführen cannabishaltiger Arzneimittel ins Ausland ist grundsätzlich verboten. Klären Sie vor Reisen immer die Rechtslage ab.
- Cannabis ist durch das Rauchen bekannt – aus gesundheitlichen Gründen sollten Sie aber darauf verzichten und die Arznei stattdessen über Nahrung aufnehmen oder als Dampf durch einen Vaporizer inhalieren
- Beachten Sie, dass Cannabis nicht nur beruhigend und schmerzlindernd wirkt: Es kann wie andere Arzneien zu Nebenwirkungen führen, wie z.B.:
- Unruhe, Angst, Panik und negative Stimmung
- Denkstörung, Störung der Konzentration
- Desorientierung, Verwirrtheit
- Albträume, sehr selten auch Wahnvorstellungen
Cannabis als Arznei
Die positiven Wirkungen von Cannabis sind schon sehr lange bekannt. Dennoch ist es ein Betäubungsmittel und bedarf daher strenger Kontrolle. Nach dem deutschen Gesetz ist es erst seit 2017 legal auf Rezept als Arznei erhältlich – Besitz, Anbau und Handel mit der Pflanze sowie deren Produkten ist verboten und wird strafrechtlich geahndet.
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