Schizophrenie? Was es bedeutet, Menschen mit Symptomen einer Psychose zu unterstützen

Sie lässt sich nie am Gesichtsausdruck erkennen – Schizophrenie verstehen: Was das ist, wie sie entsteht und sich äußert

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Bradley

Schizophrenie und das Spektrum der Psycho­sen werden weitgehend missver­standen und stigmatisiert. Trifft eine Diagnose aus diesem Feld der psy­chischen Erkran­kungen auf Ihre Liebsten zu, kann das Verstehen des Krankheits­bilds sowie der therapeu­tischen Maß­nahmen, Ihnen helfen, die betreff­ende Person zu unterstützen. Wir erklären Ihnen, was Schizo­phrenie bedeutet und geben neun nützliche Tipps für den Umgang mit Menschen, die Psychosen haben.

Was ist Schizophrenie?

Zwischen 0,5 und 1 % der europäischen Bevöl­kerung haben Schizophrenie – und weil die Erkrankung sich unter der Ober­fläche abspielt, verschwindet sie aus dem Blick­feld der Gesellschaft. Hier ein paar schnelle Fakten dazu:

  • Überwiegend junge Erwachsene in den Zwanzigern entwickeln Schizo­phrenie – Männer und Frauen gleich­ermaßen
  • In drei Viertel der Fälle beginnt Schizo­phrenie mit einer „Anlaufphase“ – der Prodromal­phase, die etwa fünf Jahre dauert: Die Perso­nen fühlen sich an­triebslos, labil, depressiv oder apathisch und ziehen sich sozial zurück
  • Ursachen sind weit­gehend unbekannt. Ein Zusam­menspiel von Drogen und genetischer Disposition erhöht das Risiko, an einer Schi­zophrenie zu erkranken
  • Auch ist nicht geklärt, wie das Krankheits­bild entsteht: Man geht von einer Störung im Dopaminstoffwechsel aus
  • Die Schizophrenie äußert sich bei jedem Menschen mit dieser Diag­nose anders: Nicht nur was die Symp­tome betrifft, sondern auch der Krankheitsverlauf ist ver­schieden: Es gibt Patienten mit chro­nischem Verlauf und andere, bei denen die Erkran­kung in Schüben nach symptom­freien Phasen auftritt
  • Was eine Schizo­phrenie nicht ist: eine Schizo­phrenie ist keine Spaltung der Persönlichkeit

Paranoide, katatone und hebe­phrene Schizophrenie

In der Vergan­genheit haben Ärzte, die auf dem Gebiet der psy­chischen Gesundheit tätig sind, die Schizo­phrenie in drei verschiedene Unter­kategorien eingeteilt (Subtypi­sierung). Zu diesen Kate­gorien gehörten:

  • Paranoide Schizophrenie: Die paranoide Schizophrenie ist gekenn­zeichnet von Wahn­vorstellungen und Halluzi­nationen – Verfolgsungs­wahn, Größen­wahn oder Beziehungs­wahn (die Überzeu­gung, dass gewissen Hand­lungen oder Äuße­rungen von Mitmen­schen an die betreffende Person gerich­tet sind) – akustische, manch­mal visuelle Halluzi­nationen oder körper­liche Halluzi­nationen (die betref­fende Person erkennt fälschlich Probleme der Ana­tomie, wie sich auflö­sende oder depla­tzierte Körperteile)
  • Katatone Schizophrenie: Erkennbar sind moto­rische Störungen – völlige Starre, oft in ungewöhn­lichen Positionen, bizarre Bewe­gungen, beispiels­weise in Form von Körperver­renkungen und stereo­types Wieder­holen von Dingen, die Mitmen­schen sagen
  • Hebephrene Schizophrenie: (auch desorganisierte Schizo­phrenie oder Hebe­phrenie) Wahnvor­stellungen treten kaum bis selten auf. Die Menschen mit Hebephrenie zeigen Affektivi­tätsstörungen (rasche Stimmungs­wechsel, Miss­mutigkeit, keine Beherr­schung der Emotionen), ungeord­netes Sprechen und Denken, Gefühlsarmut – am auffäl­ligsten für das Umfeld: Das unange­messene Ver­halten – beispiels­weise lacht eine Person mit hebe­phrener Schizo­phrenie während sie erklärt, traurig zu sein

Ob­wohl diese Unter­teilung für die Klassi­fizierung der Schizo­phrenie-Typen, an denen Men­schen leiden, eine Orien­tierungs­hilfe bietet, ist dieses System schlicht nicht aus­reichend, um die Erkran­kung in all ihren Facetten verstehen zu können.

Aus diesem Grund verord­nen Ärzte Schizo­phrenie heute in einem Spek­trum von mög­lichen Psychosen. An­stelle der Sub­typen definiert man Gruppen psy­chischer Störungen, die die gleichen Symp­tome und Anzei­chen auf­weisen. Der gemein­same Nenner darunter: Sie alle führen zu einer Verän­derung der Denk- und Handlungs­weise sowie zu einer Umwan­dlung der Gefühlswelt.

Psychose

Jede Erkran­kung im Schizophrenie-Spektrum ist eine soge­nannte Psychose. Das heißt, der betref­fenden Person erscheinen Dinge, die nicht real sind. Wie sich diese Dinge äußern, kann sehr unter­schiedlich und verschie­den stark ausgeprägt sein: Personen mit Schizo­phrenie können alles von leichten Wahn­vorstel­lungen bis hin zu lebhaften Hallu­zinationen ent­wickeln.

Diese Symptome werden am häufigsten mit Schizo­phrenie in Verbin­dung gebracht

  • Halluzinationen: Halluzinationen sind das Symptom, das am häufigsten mit Schizo­phrenie asso­ziiert wird. Diese können in Form von visu­ellen oder akustischen Hallu­zinationen auf­treten, wie z.B. das Hören von Stim­men in Ihrem Kopf.
  • Leblosigkeit: Völliges Desin­teresse am Leben und an den täglichen Aktivi­täten. Dies ist ebenfalls ein Symptom, das häufig mit Depres­sionen in Verbin­dung gebracht wird.
  • Bizarres Verhalten: Dieses Symptom umfasst eine große Viel­falt von Verhaltens­weisen. Alles vom Gehen im Kreis bis hin zum zwang­haften Auf­schreiben von allem, was passiert oder völliger Bewegungs­losigkeit.
  • Unstrukturierte und fehlerhafte Sprechweise: Gemeint sind Formu­lierungen in einer Weise, die für andere keinen Sinn ergibt, z.B. das Bilden von Sätzen mit Wörtern, die einfach nicht zusammen­passen.
  • Wahnvorstellungen: Das Fest­halten an leicht widerlegbaren Überzeu­gungen, z.B. denkt die betref­fende Person, sie sei ein Superheld oder werde von Außer­irdischen verfolgt. Dies gilt als Wahn­vorstellung.

Um die Diagnose einer Psy­chose oder einer Schizo­phrenie zu erhalten, müssen Sie mindes­tens zwei der oben genannten Symp­tome über einen Zeitraum von sechs Monaten oder länger zeigen. Wenn Sie An­zeichen in diese Richtung bemerken, können Sie auf der Web­site des Unikli­nikums Bonn einen Selbsttest zu Thema Schizophrenie machen, der als grobe Orien­tierung für eine Diagnose dienen kann.

Die Behandlung der Schizophrenie

Ein weit verbreiteter Irr­glaube über Schizophrenie ist, dass sie nicht wirksam behan­delt werden kann. Es stimmt, dass psy­chische Erkran­kungen in der Vergan­genheit nicht gut verstanden wurden und eine gängige Lö­sung bestand darin, Patienten in Ein­richtungen von der Öffent­lichkeit zu separieren. Glücklicher­weise können Menschen mit Schizo­phrenie heute durch sorgfältige Behand­lung trotz ihrer Diag­nose oft ein erfülltes, produktives Leben führen. Menschen, die mit einer Erkrankung aus dem Spektrum der Psychosen leben, benötigen in der Regel eine lebenslange Behandlung, selbst wenn die Symptome voll­ständig abgeklungen sind. Die Behand­lung besteht aus einer Kombi­nation von psycho­logischer Beratung oder Therapie und medika­mentöser Unter­stützung.

Medikamente: Antipsychotika

Kern jeder Behandlung einer Schizo­phrenie sind Medika­mente: Antipsychotika. Man geht davon aus, dass sie beein­flussen, wie Dopamin im Gehirn übertragen wird. Ziel des Einsatzes von Medika­menten ist es, den Anzeichen und Symptomen der Psy­chose mit der kleinst­möglichen Dosis entgegen­zuwirken. Da die Erkran­kung jeden Patienten einzigartig beeinflusst, wird ein Arzt üblicher­weise im Laufe der Zeit mehrere verschie­dene Verschrei­bungen, Do­sierungen und Kombi­nationen auspro­bieren wollen, um die ideale Kombi­nation zu finden.

Zusätzlich zu Antipsy­chotika können Antide­pressiva und Medika­mente gegen Angst­zustände zur Behand­lung bestimmter Symp­tome eingesetzt werden. In der Regel dauert es etwas zwischen ein paar Wo­chen und ein paar Monaten, bis wahr­nehmbare Verän­derungen im Krank­heitsbild auftreten.

Unterstützung von Menschen mit Schizo­phrenie und bzw. oder Psychosen

Wenn ein geliebter Mensch, insbe­sondere jemand, mit dem Sie zusam­menleben, eine Diag­nose aus dem Spek­trum der Psychosen erhal­ten hat, kann es schwierig sein, sich in Ihre Rolle als Unter­stützer oder Unterstützerin ein­zufinden.

Gedanken daran, was Sie verse­hentlich tun könnten, das eine Verschlech­terung des Zustandes Ihrer Liebs­ten zufolge hat, können sehr beängs­tigend sein. Glücklicher­weise ist es möglich, dass Sie den Betrof­fenen den Umgang mit der Erkran­kung erleich­tern, wenn Sie sich an bestimm­te Richtlinien halten.

9 hilfreiche Tipps im Umgang mit der Schi­zophrenie Ihrer Liebsten

  1. Betonen Sie die Stärken: Vermeiden Sie es, besondere Aufmerksamkeit auf ihre Schwä­chen oder Mängel zu lenken, und konzen­trieren Sie sich auf die Dinge, die ihnen Spaß machen oder in denen sie be­sonders gut sind.
  2. Erinnern Sie sie daran, dass sie eine Rolle in ihrer Familie/Gemeinschaft/Gesellschaft haben, erinnern Sie sie an ihren Wert für andere und betonen Sie, dass sie ein Ziel haben.
  3. Erwägen Sie ein Familien­programm: Wenn Sie sich die Zeit nehmen können, mehr über Schizophrenie zu lernen und darüber, wie man sie kom­muniziert und mit ihr umgeht, können Sie vielleicht bessere Unter­stützung anbieten.
  4. Lernen Sie, Warn­zeichen einer psycho­tischen Episode zu erkennen: Wenn Sie die Frühwarnzeichen lernen und einen Plan haben, können psycho­tische Episoden viel besser bewältigt werden.
  5. Lernen Sie moti­vierende Techniken: Das Er­lernen von Motivationstechniken kann Ihnen helfen, Ihre Ange­hörigen zu ermutigen, etwas für sich selbst zu tun.
  6. Behalten Sie den Überblick über ihre Gesund­heitsbesuche: Behalten Sie, ohne auf­dringlich zu sein, die Termine im Auge und stellen Sie sicher, dass sie keine versäu­men.
  7. Stellen Sie sicher, dass sie jeman­den haben, dem sie vertrauen: Ob Sie selbst oder jemand anderes, wenn Sie dafür sorgen, dass Ihr gelieb­ter Mensch jeman­den hat, dem er vertraut und der immer für ihn da sein wird, kann Ihnen die Bewäl­tigung der Symp­tome erleichtern.
  8. Verbringen Sie Zeit mit ihnen in Einzelgesprächen: Der Auf­bau stärkerer sozialer Fähig­keiten und der Aufbau von Beziehungen mit Einzel­aktivitäten wie Schach oder Karten­spielen kann die psy­chische Gesundheit stärken.
  9. Unterstützen Sie sie in schwie­rigen Zeiten: Versuchen Sie in schwierigen Zeiten, z.B. nach einem Klinikaufent­halt, besonders präsent bei Ihren Angehörigen zu sein.

Hilfe benötigt?

Es ist zwar wichtig zu verstehen, wie man jemandem, den man liebt, täglich mit Schizo­phrenie helfen kann, aber noch wichtiger ist es, zu erkennen, wann ein Notfall eintreten kann. Wenn die Person eine der folgenden Verhaltens­weisen zeigt, sollten Sie sofort einen Arzt aufsuchen:

  • Sie verletzt sich oder andere absichtlich
  • Sie spricht über die Tötung eines bzw. einer anderen oder von Suizid
  • Sie scheint extrem desorientiert zu sein
  • Sie erlebt intensive Hallu­zinationen
  • Sie handelt sehr verwirrt

Ein letzter Hinweis: Versuchen Sie, nicht überheblich zu sein wenn es um Dinge wie die Erinn­erung an die Einnahme von Medika­menten geht. Eine gute Alter­native ist es, einen Plan auszuarbeiten, um Vergess­lichkeit zu überwinden und Ihren Mit­menschen dabei zu helfen, eine Rou­tine aufzubauen.


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