WC-[Be]suche bei Morbus Crohn: Wenn das stille Örtchen zum besten Freund wird

Leben mit Morbus Crohn: Tipps für Angehörige – Teil 6

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Michaela Schara

Im sechsten Teil unserer Reihe „Leben mit Morbus Crohn: Tipps für Angehörige“, berichtet unsere Gast-Autorin Michaela Schara von den Herausforderungen, denen Menschen bei Morbus Crohn gegenüberstehen, wenn sie das stille Örtchen aufsuchen müssen. Der Alptraum ist eine besetzte Toilette und der Super-GAU ist wohl, wenn überhaupt kein WC in der Nähe ist. Wer glaubt, Angehörige können in dieser Situation nicht helfen, da es schließlich um das privateste aller Geschäfte geht, liegt falsch. Von der Unterstützung bei der Suche nach einer Toilette, wenn es unterwegs gerade einmal dringend ist, bis zur WC-Vorrangregelung – Unsere Gast-Autorin verrät, was zu tun ist.

Teil 6: Vorrang am stillen Örtchen

Lasst uns vor, bitte! Wenn die Not groß und drängend ist, dann öffnet uns die Türen, tretet zurück, lasst uns ein – sofort, so rasch als möglich und dann bitte lasst uns in Frieden. Außer wir rufen um Hilfe. Oder brauchen Nachschub an Klopapier, Feuchttüchern, Salben, warmen Wasser, Atemschutz...

Wir brauchen diesen schnellen Zugang zum WC, denn wir können den Drang aus mehreren Gründen nicht zurückhalten. Und wenn wir dann drin sind, dann kann es lang dauern, bis wir wieder rauskommen ... oder kriechen. Je nachdem. Unser Darm revoltiert, hat im Schub massivste Entzündungen – die Notreaktion ist Durchfall. Das kann bis zu 30m Mal und mehr am Tag sein und wenn man denkt, das war’s jetzt, geht's schon wieder los. Das grausam Faszinierende daran: Selbst, wenn man nichts isst, muss man was loswerden.

„Lasst uns vor, bitte!“

Ich weiß, diese Vorrangregelung für den Lokus ist eine mühsame Sache. Speziell dann, wenn es nur ein Klo im Haushalt, aber mehrere Anwärter auf den Thron gibt. Nicht immer kann ein zweites WC installiert werden, aber wenn es irgendwie möglich ist, dann sollte man das tun. Auch wenn man dafür das Urlaubsgeld opfern muss oder das neue Auto später anschafft. Glaubt mir: Zwei Toiletten im Haushalt sind das Beste, was man an baulichen Maßnahmen tun kann, um das Leben von und Zusammenleben mit CED-Kranken zu optimieren. Das Zweitbeste ist der Einbau eines Bidets oder Dusch-WCs. Weil Wasser dem wunden Hintern immer noch am besten tut, wenn der von der Durchfallerei so wund ist, dass man glaubt, er hinge in Fetzen. Feuer kann nicht so grausam brennen wie ein wunder Po im crohnischen Schub.

Ist man unterwegs, orientiert sich die Route während eines Schubs und dazwischen meist an der Verfügbarkeit öffentlich zugänglicher Toiletten. Ich versuche immer im Kopf zu haben, wo das nächste WC ist, auf das ich Zugriff habe. Seit kurzem habe ich auch den Euro-Key, mit dem ich öffentliche Behindertentoiletten benutzen darf.

Aus der Erfahrung heraus weiß ich aber, dass ich mir unbedingt schon vorweg die Lage einprägen muss. Denn wenn es soweit ist, dass es gleich soweit wär, verfalle ich in einen panischen Ausnahmezustand und wusle wie ein irres Huhn durch die Gegend – schweißgebadet und mit panischem Blick, auf der Suche nach einem WC, dass frei und nahe ist.

„Himmel, ihr könnt euch nicht vorstellen, wie hilfreich das ist! “

In so einem Fall tut es gut jemanden an seiner Seite zu haben, der ruhig Blut bewahrt, die Lage analysiert, den Stadtplan kennt, oder eine Lokalität weiß, wo man unkompliziert zuerst loslassen und danach konsumieren darf – oder den Mut und die Ruhe hat, spontan zu fragen und den Weg zu bereiten. Himmel, ihr könnt euch nicht vorstellen, wie hilfreich das ist!

Und an alle Mitmenschen da draußen, die auch dann und wann öffentliche Toiletten benutzen: Haltet sie verdammt noch mal sauber! Nicht nur wir CED-Patienten°innen können uns eine WC-Phobie (fachlich ausgedrückt: Paruresis) nicht leisten. Es ist doch wirklich nicht zu viel verlangt, wenn man diesen Thron des Stoffwechsels entsprechend ehrt und sauber zurücklässt. Bitte, Danke!

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