Fettnäpfchen vermeiden – 7 Sätze, die Menschen mit Zöliakie nicht hören möchten

Gast-Autorin Sina lebt selbst mit Zöliakie und verrät, welche Aussagen und Fragen Sie im Gespräch mit einem Zöliakie-Betroffenen besser vermeiden sollten

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Sina Klinkmüller

Bei Menschen, die mit Zöliakie leben, dreht es sich gewissermaßen ziemlich oft ums Essen. Ganz klar, denn Zöliakie-Betroffene („Zölis“), wie unsere Gast-Autorin Sina Klinkmüller, müssen sich ja auch kontinuierlich mit Essen und dessen Zubereitung auseinandersetzen. Bei Zöliakie handelt es sich nämlich um eine ernstzunehmende Autoimmunerkrankung, bei der kleinste Spuren von Gluten mitunter große Schäden anrichten können. Was man dabei gar nicht gebrauchen kann, sind seltsame Aussagen und Sticheleien von Mitmenschen, die sich noch nie mit Zöliakie beschäftigt haben oder haltlose Vorurteile vertreten. Sina von glutenfreiesina.de lebt selbst seit einigen Jahren mit Zöliakie und kennt das nur zu gut. Für uns hat Sie die 7 Aussagen und Fragen zusammengestellt, die sie immer wieder und viel zu oft zu hören bekommt.

1. „Hmmm, meine Pizza ist so lecker! Willst du auch ein Stück? Ach warte mal... Da ist ja Mehl drin. Darfst du die dann überhaupt?“

Ich weiß, das Angebot mitunter wirklich zu schätzen und die Nachfrage ist sicher nett gemeint. Aber ihr habt das leider absolut richtig erkannt: Denn nein, die herkömmliche Pizza, die es an jeder Straßenecke zu kaufen gibt, kann ich als Zöliakie-Betroffene leider nicht essen. Handelsüblich besteht Pizza nämlich aus Weizenmehl, was bei Zölis ein absolutes No-Go ist. Auch im Zusammenhang mit vielen anderen Leckereien, bei denen einem eigentlich das Wasser im Munde zusammenläuft, denken viele Menschen erst einmal nicht darüber nach und stellen dann peinlich berührt fest, dass es keine gute Idee war, mir ein Stück Pizza unter die Nase zu halten. Klar, nicht immer können meine Mitmenschen daran denken oder überhaupt darüber Bescheid wissen, dass ich die Pizza, über die sie sich gerade hermachen, nicht genießen darf – aber sorry, immer ablehnen und mich erklären zu müssen, ist auf Dauer einfach sehr anstrengend und führt mir jedes Mal wieder überdeutlich vor Augen, was ich verpasse.

2. „Soll ich dir was vom Bäcker mitbringen?“

Ich weiß, ihr seid höflich und meint das bestimmt nett. Diese Frage ist aber leider immer wieder enttäuschend, weil ich sie schlichtweg meist nicht bejahen kann. Klar, ich würde richtig gerne so ein schönes belegtes Brötchen, ein Croissant oder einen Schokodonut haben. Aber da bin ich als Zöli leider raus. Es sei denn ich habe das Glück, beispielsweise in Hamburg, Berlin oder Leun zu wohnen, wo es mittlerweile auch glutenfreie Bäckereien gibt. Diese sind speziell auf die Bedürfnisse von Zöliakie-Betroffenen ausgerichtet und kennen sich bestens mit der Materie aus. Falls ihr einen solchen Laden entdeckt habt, bitte fragt mich unbedingt – am besten jeden Morgen :-) Bei mir vor Ort ist das aber noch Wunschdenken und deshalb bleibt meine Antwort leider für’s Erste bei „Leider nein, Danke.“

3. „Nehmen Sie die Waffel einfach runter.“

In Eisdielen kommt es leider oft dazu, dass ich auf meinen Eiskugeln im Becher doch eine Waffel finde. Auf meinen erschrockenen Gesichtsausdruck mit der Reaktion „jetzt haben Sie ja doch eine Waffel drauf getan, die darf ich doch nicht“, wird dann allzu oft scharf gekontert: „Nehmen Sie die Waffel einfach runter!“

Das würde ich ja furchtbar gerne tun, wenn ich Waffeln einfach nicht mögen würde und ich kann durchaus verstehen, dass die kleinen Extrawünsche von so manch einem Kunden sehr anstregend und mitunter auch nervig sein können. In einigen Fällen – wie bei Zölis– können allerdings selbst die geringen Spuren Gluten im Eis, die die Waffel hinterlässt, mitunter große Beschwerden auslösen. Runternehmen bringt in diesem Fall also nicht viel. Statt dann böse – ja das kommt wirklich vor – zu zischen „nehmen Sie die Waffel einfach runter!“, tut ein bisschen Verständnis und ein ehrlich gemeintes „Entschuldigung“ echt gut.

4. „Ach die paar Krümel Brot machen doch nix!“

Auch in Restaurants, in denen man einen Salat ohne Brot bestellt, kommt es vor, dass doch ein Brot auf dem Salat landet. Klar, das kann beim hübsch Anrichten schon einmal passieren. Aber diese leckeren knusprigen Brotcroutons darf ich auch nicht essen, weil sie so gut wie immer aus Weizen- oder Roggenmehl bestehen. Ich lasse also den Salat zurückgehen und bekomme dann manchmal zu hören: „Ach die paar Krümel machen doch nichts. Die können ja nicht so schlimm sein.“

Ehrlich: Das ist eine ganz schön anmaßende Aussage. Schon klar, wer nicht von Zöliakie betroffen ist, kann sich nicht vorstellen, was selbst so ein paar kleine Krümel mit meinem Körper anrichten können. Fragt also gerne nach, wieso das Brot für mich so schlimm ist. Dann erkläre ich euch, dass ich eine Autoimmunerkrankung habe und hoffe darauf, dass der Salat neu gemacht und nicht nur das Brot heruntergenommen wird.

5. „Zutatenliste? Oh, das tut mir leid. Die liegt zu Hause.“

Nicht nur beim Auswärts-Essen kann es zu dieser oder ähnlichen Situationen kommen. Unangenehm und manchmal für beide Seiten etwas peinlich wird es auch, wenn Freunde oder Bekannte freudestrahlend Süßigkeiten mitbringen. Habt ihr die Verpackung mit der Zutatenliste nämlich schon zu Hause in die Mülltonne geworfen, ohne vorher einen Blick darauf zu werfen, muss ich leider dankend verzichten. Schaut mich dann bitte nicht schief an. Das ist wirklich kein Weltuntergang. Ich freue mich aber umso mehr darüber, wenn ihr beim nächsten Mal einen Blick auf die Zutatenliste werft oder sie einfach mitbringt. Es gibt nämlich genügend Süßes, das wir auch gemeinsam essen können. Lasst uns herauszufinden, was dazugehört. Vielleicht entdecken wir noch ein paar unbekannte, glutenfreie Leckereien, mit denen wir uns den Wanst vollschlagen können.

6. „Das kann man essen?“

Also echt... Ich habe auch schon manche Menschen Dinge verspeisen sehen, die irgendwie seltsam aussahen und die ich sicher selbst nicht essen möchte. Aber, jetzt mal ehrlich, das ist doch noch lange kein Grund, dem Gegenüber den Appetit zu verderben. Packe ich mein Essen aus (egal ob Gebäck, Brote oder Kekse), bekomme ich nämlich häufig Dinge zu hören wie „das sieht aber komisch aus“. Zugegeben: Manches sieht nicht nur komische aus, sondern schmeckt auch so. Es gibt aber heutzutage zum Glück schon eine ziemlich gute und relativ große Auswahl an glutenfreien Lebensmitteln, die wirklich lecker sind.

Anstatt schockiert auf mein Essen zu starren, probiert es doch einfach mal. Ich gebe euch gerne etwas ab. Immerhin geben sich viele Hersteller mittlerweile richtig Mühe in der Produktion und tüfteln stets an neuen Rezepten. Auch wir als Kunden werden oft zu unserer Meinung zu Produkten gefragt. Und wenn ich bei einem Produkt mitreden und es vielleicht sogar verbessern kann, nehme ich gerne an Umfragen und Produkttests teil.

7. „Waaaaas? Das ist glutenfrei?? Bäääh, dann will ich lieber ein anderes Stück Kuchen!“

Ähm, wie bitte? Diese Aussage führt definitiv dazu, dass ich mich fragend am Kopf kratzen muss. Glutenfrei bedeutet nämlich nicht, dass etwas giftig oder schlecht ist und andere Menschen davon nichts essen können. Viele gesunde Lebensmittel sind schon von Natur aus glutenfrei: Obst, naturbelassenes Gemüse und Fleisch, Reis oder Mais, Kartoffeln, etc.. Ein Stückchen glutenfreier Kuchen bringt euch also nicht um, sondern schmeckt euch am Ende vielleicht sogar genauso gut wie mir. Für diesen Fall kann ich euch dann gerne das Rezept geben, damit ihr mich das nächste Mal zum Kuchen essen einladen könnt ;-)

Menschen sollten einander ernst nehmen und respektvoll miteinander umgehen. Dieser einfache Grundsatz macht auch das Leben von uns Zölis ein bisschen einfacher und schöner. Die genannten Fettnäpfchen beispielsweise, lassen sich ja auch leicht vermeiden: Sprecht einfach mit mir und anderen Zölis ganz entspannt über die Zöliakie, stellt Fragen ohne peinlich berührt zu sein oder Angst zu haben etwas Falsches zu sagen. Wenn sich jemand nicht auskennt nehme ich das logischerweise niemandem übel oder verurteile ihn deswegen. Aber bitte bitte bitte, reibt mir dann nicht ständig unter die Nase, was ich alles nicht essen darf und denkt ab und zu einfach kurz nach, bevor ihr etwas sagt (das sollten wir ja eigentlich alle immer tun).

Wie wär‘s? Lasst uns doch stattdessen lieber einfach mal gemeinsam glutenfrei kochen oder glutenfreies Essen ausprobieren. Und falls es wirklich nicht schmeckt: Was soll’s! Auch ich lache oft über meine Fehlversuche beim Backen und Kochen. Glutenhaltiges Backen und Kochen klappt ja auch nicht immer beim allerersten Versuch, oder? :-)


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