Hilfsangebote von Familie und Freunden bei Morbus Crohn: Helfen und helfen lassen

Michaela Schara lebt seit Jahren mit Morbus Crohn und kennt Hilfsangebote von Angehörigen nur zu gut. Ihr Rat für Angehörige: Konkrete Angebote sind besser als leere Floskeln.

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Michaela Schara

Im dritten Teil unserer Reihe „Leben mit Morbus Crohn - Tipps für Angehörige“, appelliert unsere Gast-Autorin Michaela Schara an die Hilfsbereitschaft der Angehörigen. Doch Vorsicht! Die Balance zwischen purer Floskel und absoluter Selbstaufgabe muss gewahrt bleiben. Geheuchelte Hilfsbereitschaft von Familie und Freunden ist nämlich genauso schlimm wie die aufopferungsvolle Pflege, die Menschen mit Morbus Crohn schnell überfordern und sie schier erdrücken kann. Für eine Erleichterung sorgen dagegen konkrete Hilfsangebote von Angehörigen. Doch keine Panik, es muss nicht gleich der Großputz sein. Schon ein offenes Ohr kann eine große Unterstützung sein.

Teil 3: Hilfe anbieten

Damit ist nicht die Höflichkeitsfloskel gemeint. Aber auch nicht das andere Extrem, die totale Selbstaufgabe. Der Alltag kann mühsam werden, wenn der Crohn oder die Colitis den Stundenplan bestimmen, die chronische Erschöpfung sich bleiern über alles legt und man von den paar Schritten zwischen Bett und Klo zu Tode erschöpft ist. Haushalt? Arbeit? Beziehungspflege? Man ist froh, wenn man es schafft, regelmäßig zu atmen.

Die Frage „Wie kann ich dir helfen?“ ist gut – aber ich sage ehrlich: Es gab Zeiten, da war mir das Nachdenken, wie diese Hilfe konkret für mich aussehen konnte, schon zu viel und ich habe dankend eine Ablehnung gemurmelt, a lá “geht-schon-passt-schon-danke-ciao“.

Das hilft aber nicht und damit wird es auch nicht leichter.

„Konkrete Angebote sind besser als leere Floskeln.“

Konkrete, vorweg überlegte und klare Hilfsangebote sind besser. Etwa „Ich kann dir am Nachmittag mit dem Hund gehen, passt es um 14:00 Uhr?“„Ich fahre morgen zum Supermarkt, gib mir deine Einkaufsliste.“„Staubsaugen oder Wäsche waschen, was ist dir lieber? Ich kann morgen vorbeikommen.“„Ich koch dir Suppe, ein paar Portionen, zum Einfrieren. Welche willst du?“ Aber auch: „Ich hab Zeit, zum Reden, Lachen, zusammen Jammern – und bringe Tee, Kekse und offene Ohren mit.“

Wenn man sich vorab überlegt, was man als Helfender guten Gewissens ehrlich anbieten kann und dann ein direktes Angebot macht, hat man für sich eine Grenze gezogen und der andere kann leichter entscheiden. „14:00 ist mir zu früh, geht es eine halbe Stunde später? Das wär super.“„Ich habe noch keine Liste, aber bis morgen schaffe ich das, sie kommt per SMS.“„Staubsaugen wäre toll, Danke!“„Hühnersuppe, in kleinen Portiönchen, innigen Dank!“

Aber auch: „Ehrlich gesagt: Lieber wär es mir gerade, wenn du dich einfach mal eine halbe Stunde zu mir setzt. Ich habe Lagerkoller.“ Oder: „Ich habe nächste Woche einen Arzttermin und echt Bammel – kannst du mit mir hingehen? Musst auch nicht mit hineinkommen. Mit mir hinfahren und warten wäre schon toll.“„Ich habe den Termin für die Koloskopie – kann ich dich anrufen, wenn es mir elend geht? Zum Labern, Jammern, Lachen und Zeit überbrücken ...?“

Das hilft im Schub und auch dazwischen, wenn man zum Beispiel Therapien oder Untersuchungen wahrnehmen muss. Ich habe mit meinem Mann beispielsweise für meinen „Infusionstag“ fix vereinbart, dass er da den Hund betreut, ohne Wenn und Aber. Auch wenn ich am Morgen des bewussten Tages vielleicht der Meinung bin, dass ich das heute ja sicher locker schaffe – er nimmt den Hund. Denn spätestens nach der Infusion ist klar: Der Tag ist für mich gelaufen, ich muss liegen, Ruhe geben und kann mich gerade um mich kümmern, aber um nichts anderes.

Mit dieser Vereinbarung reduzieren sich die erschöpfenden Nebenwirkungen und der Rundumstress auf ein erträgliches Maß und ich riskiere keine Überforderung. Mein Mann wiederum kann sich den Tag im Kalender eintragen und seine Termine entsprechend koordinieren. Ohne spontan „Feuerwehr“ spielen zu müssen, weil ich es dann doch nicht schaffe, obwohl ich es am Morgen geglaubt habe.

„Um Hilfe bitten, ist eine schwierige Übung. Aber es lohnt sich, für alle Beteiligten.“

Als CED-Patient°in ist man gefordert, zu lernen, wie man Angehörige um Hilfe bittet und auch lernt, diese anzunehmen. Im Schubfall, während einer Remission, aber auch vor und nach Operationen, die vielen im Lauf ihres CED Lebens ins Haus stehen. Um Hilfe bitten, ist eine schwierige Übung. Aber es lohnt sich, für alle Beteiligten. Wenn man Menschen um sich hat, die bereit sind, da mitzuspielen, sich aktiv einzubringen, dann geht alles viel leichter und man hat mehr Kraft für Mut und zum Durchhalten. Das dann und wann trotzdem das Chaos ausbricht, kann man nicht verhindern. Aber man kann daraus lernen und zusammen ein situatives Agreement finden. Das hilft allen.

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