Liegt der Verdacht auf Multiple Sklerose nahe, werden viele Untersuchungen vorgenommen, um die Diagnose stellen zu können. Denn eine „Krankheit mit tausend Gesichtern“ kann man auch auf tausend Arten demaskieren. Trotzdem wollen Arzt und Patient den Aufwand gering halten und so schnell wie möglich Gewissheit haben. Da trifft es sich gut, dass sich bei ca. drei Viertel aller Menschen mit MS die Spuren im Nervenwasser finden lassen: Sie heißen oligoklonale Banden. Lesen Sie hier nach, was man darunter versteht.
Oligoklonale Banden – Fundort: Nervenwasser
Lumbalpunktion und Liquordiagnostik heißen die Fachbegriffe, die Neurologen auf die Spur von Oligoklonalen Banden führen. Die Liquordiagnostik ist das Verfahren, dass beim Feststellen von Erkrankungen hilft, die das zentrale Nervensystem (ZNS) betreffen. Liquor cerebrospinalis (auch „Zerebrospinalflüssigkeit“ oder „Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit“, „Hirnwasser“ sowie „Nervenwasser genannt) ist eine klare Flüssigkeit, die sich im Subarachnoidalraum befindet. Was das schon wieder heißt? Der Subarachnoidalraum befindet sich zwischen zwei Membranen (die die Namen Arachnoidea und Pia mater tragen) im ZNS.
Der Liquor, mit dem dieser Zwischenraum gefüllt ist, hat diese Aufgaben:
- Stoffwechsel der Nervenzellen im ZNS
- Transport von Immunzellen
- Ursprung der Perilymphe (wässrige Flüssigkeit im Innenohr)
- Schutz des empfindlichen Nervengewebes durch Druckausgleich
Eine Lumbalpunktion wird auch Liquorpunktion genannt. So heißt die Entnahme des Liquors aus dem Subarachnoidalraum. Außer zur Diagnostik wird sie für das Einführen örtlicher Betäubungsmittel bei medizinischen Eingriffen genutzt.
Wie sie durchgeführt wird: Der Arzt setzt auf Höhe der Lendenwirbelsäule eine dünne Nadel an und sticht bzw. punktiert den Rückenmarkskanal, um das Nervenwasser zu entnehmen.
Bei der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose greifen autoaggressive Lymphozyten die Myelinschicht von Nervenzellen an (mehr darüber können Sie hier nachlesen: Was ist MS?). Innerhalb der dadurch entstehenden Entzündungsherde sowie im Liquor lassen sich darauffolgend B-Zellklone nachweisen.
Im Labor kann das durch die Lumbalpunktion entnommene Nervenwasser aufbereitet werden. Liegt eine Multiple Sklerose vor, befindet sich im Liquor eine erhöhte Menge an Zellen und Eiweiß, die sichtbar gemacht werden: in Gestalt oligoklonaler Banden.
Oligoklonale Banden erkennen
Der entnommene Liquor wird im Labor auf Antikörper untersucht. Dabei werden die dem Nervenwasser entnommenen Antikörper nach ihrer Größe sortiert. Sie sind als Streifen – oder Eiweißbanden – auf einem Bild erkennbar. Anhand der Streifen erkennt der Neurologe, welche Arten von Antikörper im Nervenwasser unterwegs sind. Sind drei oder mehr zusätzliche Banden auf einem Bild der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit mehr enthalten als in der Blutflüssigkeit, ist das ein positiver Befund für oligoklonale Banden.
Oligoklonale Banden bei MS
Sie befinden sich aufgrund einer gesteigerten Antikörper-Produktion im Nervenwasser. Um bestätigen zu können, dass der Ursprung der Entzündungen das zentrale Nervensystem ist (wie bei der MS), sollten die Antikörper, die auf die Entzündung reagieren, sich ausschließlich im Liquor und nicht im Blut befinden.
Das Vorliegen oligoklonaler Banden ist jedoch kein sicherer Beweis dafür, dass eine MS vorliegt. Gründe für das Vorfinden können außerdem Gefäßentzündungen, altersbedingte Abbauprozesse oder andere entzündliche Erkrankungen des ZNS sein.
Zusammengefasst:
Befindet sich im Nervenwasser von Gehirn und Rückenmark mehr Eiweiß als in der Blutflüssigkeit, kann das ein Hinweis auf Antikörper sein, die auf eine Entzündung im ZNS reagieren. Im Labor werden diese Antikörper sichtbar gemacht. Erkennt der Neurologe oligoklonale Banden, muss das nicht zwingend der Beweis für ein Vorliegen von MS sein – dazu sind weitere Diagnoseverfahren nötig. Dennoch kann es ein sicheres Zeichen sein.
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